MS

Ozanimod

Handelsname Zeposia®

Das Medikament

Kurzgefasst: Ozanimod (Zeposia®) ist in Deutschland seit 2020 in einer Dosis von 0,92 mg pro Tag für Erwachsene zugelassen. Das Medikament wird täglich als Kapsel eingenommen. Ozanimod reduziert die Schubrate und das Auftreten neuer Läsionen in der Kernspintomographie. Häufige Nebenwirkungen des Medikaments sind Entzündungen im Nasen- und Rachenraum, eine Erhöhung der Leberwerte und aufgrund der Wirkweise des Medikaments eine Verminderung der Anzahl weißer Blutkörperchen. Seltene, aber schwerwiegende Nebenwirkungen sind Infektionserkrankungen und eine Veränderung des Augenhintergrunds. Zur Überwachung müssen regelmäßige Blutkontrollen erfolgen und bei vorliegendem Risiko oder entsprechenden Beschwerden spezielle Untersuchungen veranlasst werden.

Was ist Ozanimod?
Ozanimod gehört zu der Gruppe von Arzneimitteln, die als Sphingosin-1-Phosphat-Rezeptor-Modulatoren (oder auch S1P-Rezeptor-Modulatoren) bezeichnet werden. Ozanimod wirkt, indem es die Funktionsweise des Immunsystems beeinflusst und dadurch die Nervenzellen vor den Angriffen der körpereigenen Immunzellen schützt. Der Wirkstoff ist eine Weiterentwicklung des zuerst zugelassenen Wirkstoffs Fingolimod.

Wie wirkt Ozanimod?
Ozanimod setzt sich an die Bindungsstelle des sogenannten Sphingosin-1-Phosphat-Rezeptors, der sich in vielen Geweben des Körpers befindet. Bei der MS entfaltet Ozanimod seine Wirkung in erster Linie über das Immunsystem. Im Gegensatz zu Fingolimod wirkt Ozanimod spezifisch an einzelnen Subtypen der S1P-Rezeptoren, und zwar an Typ 1 und Typ 5. Das Medikament verhindert, dass bestimmte Zellen, die Lymphozyten, aus dem Thymus und den Lymphknoten ins Blut übertreten. Dadurch gelangen weniger Lymphozyten in die Zirkulation und damit auch weniger Lymphozyten in das Nervensystem, das dadurch weniger geschädigt wird.
Ozanimod führt also zu einer Umverteilung (und nicht zu einer Zerstörung) von Lymphozyten. Die Bestimmung von Lymphozyten im peripheren Blut ist daher unzuverlässig und die Verringerung der Lymphozyten (Lymphopenie) ist nicht mit anderen Situationen vergleichbar. Die Wirkung von Ozanimod ist umkehrbar (reversibel), d. h. nach dem Absetzen des Medikaments können die in Lymphknoten zurückgehaltenen Lymphozyten wieder in das Blut übertreten und das Blutbild normalisiert sich.

Für wen ist Ozanimod zugelassen?
Ozanimod ist seit 2020 von der europäischen Zulassungsbehörde (EMA) zur Behandlung der aktiven schubförmig-remittierend verlaufenden Multiplen Sklerose von erwachsenen Patienten zugelassen. Im Gegensatz zu Fingolimod besteht keine Zulassung für die Behandlung von Kindern und Jugendlichen. Ozanimod wird zur Therapie empfohlen, wenn bei den Patienten in klinischen oder bildgebenden Verfahren Krankheitsaktivität nachgewiesen werden kann. Dies kann zum Beispiel bedeuten, dass innerhalb der letzten 12 Monate ein Schubereignis aufgetreten ist oder sich im MRT neue oder Kontrastmittel aufnehmende Läsionen zeigen.

Wie wird Ozanimod eingenommen?
Ozanimod wird 1x täglich als Kapsel eingenommen. Die Standarddosis beträgt 0,92 mg 1x/Tag. Innerhalb der ersten acht Tage wird das Medikament in drei Schritten mit geringeren Dosen eindosiert.
Wenn eine leichte oder mittelschwere Leberfunktionseinschränkung vorliegt, darf nur jeden zweiten Tag eine Tablette eingenommen werden. Bei schweren Leberfunktionseinschränkungen darf Ozanimod nicht eingenommen werden.

Wirkung

Klinische Studien zur Wirksamkeit von Ozanimod bei schubförmiger MS

Die Wirkung von Ozanimod auf die Schubrate und die Zunahme der Behinderung wurde in den Zulassungsstudien SUNBEAM und RADIANCE geprüft und 2019 veröffentlicht. Im Folgenden werden die zusammengefassten Ergebnisse beider Studien dargestellt, die sich auf die Anwendung bei Erwachsenen beziehen.

Insgesamt wurden bei SUNBEAM und RADIANCE 2.666 Patienten mit schubförmiger Multipler Sklerose über einen Zeitraum von 12 bis 24 Monaten untersucht. In die Studie aufgenommen wurden Patienten, die entweder in dem Jahr vor Studienbeginn mindestens einen Schub hatten oder in den 2 Jahren vor Studienbeginn mindestens einen Schub plus im Jahr vor Studienbeginn mindestens eine Kontrastmittel-aufnehmende Läsion im MRT. Die Patienten hatten einen EDSS-Wert zwischen 0 und 5,0.

SUNBEAM
In der SUNBEAM-Studie von Comi et al. wurden 1.346 Patienten zwischen 18 und 55 Jahren mit schubförmiger MS eingeschlossen, von denen 91 die Studie vorzeitig beendeten. Die Patienten wurden zufällig in 3 Gruppen aufgeteilt und bekamen täglich 0,5 mg Ozanimod, 1,0 mg Ozanimod oder Interferon beta-1a. Der in der Studie untersuchte primärer Endpunkt war die jährliche Schubrate. Die Beobachtungszeit lag bei mindestens 12 Monaten.

RADIANCE
In der RADIANCE-Studie von Comi et al. wurden 1.320 Patienten zwischen 18 und 55 Jahren mit schubförmiger MS eingeschlossen, von denen 7 letztlich keine Medikation erhielten. Die Patienten wurden zufällig in 3 Gruppen aufgeteilt und bekamen täglich 0,5 mg Ozanimod, 1,0 mg Ozanimod oder Interferon beta-1a. Der in der Studie untersuchte primärer Endpunkt war die jährliche Schubrate. 1138 Patienten nahmen über den gesamten Zeitraum von 24 Monaten teil.

Wirkung auf die Verhinderung von Krankheitsschüben

Um die Verhinderung von Krankheitsschüben zu beurteilen, wurde in den Studien SUNBEAM und RADIANCE die Wirkung von Ozanimod auf die jährliche Schubrate untersucht. Die jährliche Schubrate zeigt, wie viele Schübe durchschnittlich pro Jahr pro Patient auftraten.

In der RADIANCE-Studie lag die Schubrate in der Interferon beta-1a-Gruppe bei 0,28 Schüben gegenüber 0,17 in der Ozanimod-Gruppe (SUNBEAM: 0,35 und 0,18). Etwas verständlicher ausgedrückt: Die Patienten in der Interferon beta-1a-Gruppe haben im Durchschnitt circa alle 3,6 Jahre einen Schub, die Patienten in der Ozanimod-Gruppe haben circa alle 5,9 Jahre einen Schub.

Wirkung auf die Verhinderung des Fortschreitens der Behinderung

Die Behinderungsprogression wird innerhalb einer klinischen MS-Studie gemessen, indem man untersucht, wie viel Prozent der Patienten einer Studiengruppe sich während der Studiendauer um einen EDSS-Punkt auf der Behinderungsskala verschlechtert haben (wobei diese Verschlechterung nach 3 Monaten nochmals bestätigt wird, um auch wirklich dauerhafte Veränderung zu bewerten).
Über einen Zeitraum von 2 Jahren Therapie mit Ozanimod oder Interferon beta-1a wurde in der RADIANCE-Studie die Behinderungsprogression zwischen den beiden Gruppen verglichen. Es wurde kein Unterschied zwischen den beiden Behandlungsgruppen gefunden: Die Anzahl der Patienten mit einer Zunahme der Behinderung lag in der Ozanimod-Gruppe bei 12,5 von 100 Patienten und in der Interferon beta-1a-Gruppe bei 11,3 von 100 Patienten.

Wirkung auf die Ergebnisse der Kernspintomografie (MRT) in zwei Jahren

In der Kernspintomografie werden Kontrastmittelanreicherungen und sogenannte T2-Herde sichtbar, die als Ausdruck der Entzündung bei MS betrachtet werden. Dabei können Herde größer werden oder ganz neu auftreten.
Betrachtet werden hier die Daten der RADIANCE-Studie über 2 Jahre. 18,4 % der Patienten in der Interferon beta-1a-Gruppe und 23,8 % der Patienten in der Ozanimod-Gruppe blieben über die Studiendauer frei von neuen oder vergrößerten T2-Herden.
56,2 % der Patienten in der Interferon beta-1a-Gruppe und 65,6 % in der Ozanimod-Gruppe hatten über die Studiendauer keine Herde mit Kontrastmittelanreicherungen.

Nebenwirkungen

Welche Nebenwirkungen hat Ozanimod?

Dargestellt werden im Folgenden die Daten aus der Zulassungsstudie RADIANCE mit einer Laufzeit von 2 Jahren.

In dieser Studie traten Nebenwirkungen in der Ozanimod-Gruppe und in der Interferon beta-1a-Gruppe etwas gleichhäufig auf (Ozanimod 324 von 434 der Patienten, 74,7 % vs. Interferon beta-1a 365 von 440 der Patienten, 83,0 %). Auch ein Behandlungsabbruch aufgrund von Nebenwirkungen trat ähnlich häufig auf (Ozanimod 3,0 % vs. Interferon beta-1a 4,1 %).

Die Darstellung der Nebenwirkungen folgt der Sicherheitsanalyse der Zulassungsstudie. Ähnliche Nebenwirkungen werden zusammengefasst. Die wesentlichen Nebenwirkungen von Ozanimod umfassen:

  • Entzündungen von Nasen- und Rachenraum (Nasopharyngitis und Pharyngitis),
  • Leberwerterhöhungen (kombinierte Daten für ALT und γGT),
  • Bluthochdruck (arterielle Hypertonie),
  • Harnwegsinfekte,
  • Rückenschmerzen,
  • Müdigkeit und Erschöpfung (Fatigue),
  • Gelenkschmerzen,
  • Bauchschmerzen,
  • Durchfall,
  • Schwindel.

Die häufigsten Nebenwirkungen im direkten Vergleich

Interferon beta-1a Ozanimod
Bauchschmerzen
Gelenkschmerzen
Müdigkeit und Erschöpfung
Rückenschmerzen
Harnwegsinfekte
Bluthochdruck
Leberwerterhöhungen
Entzündungen von Nasen- und Rachenraum
Anteil Studienpatienten

Quelle: Zulassungsstudie RADIANCE, Cohen et al. 2019

Grundsätzlich ist wichtig zu wissen, dass Nebenwirkungen in Studien nicht nur bei den Patienten auftreten, die das Medikament erhalten, sondern auch in der Studiengruppe mit einem bekannten Medikament oder Placebo.

Entzündungen von Nasen- und Rachenraum

Entzündungen von Nasen- und Rachenraum

Infektionen der oberen Atemwege sind eine häufige Nebenwirkung, wenn das Immunsystem beeinflusst wird. In der RADIANCE-Studie kam es zu häufigeren Entzündungen in Nasen- und Rachenraum, die noch einmal gesondert als Nasopharyngitis (eine typische Erkältung mit Schnupfen und Halsschmerzen, meist durch Viren verursacht) und als Pharyngitis (eine Entzündung im Hals, typischerweise mit starken Halsschmerzen, durch Viren oder Bakterien verursacht) unterteilt werden. Zusammengefasst traten diese Nebenwirkungen bei 19,6% der Patienten in der Ozanimod-Gruppe und bei 14,3% der Patienten in der Interferon beta-1a-Gruppe auf.

Leberwerterhöhungen

Leberwerterhöhungen

Der Leberwert Alanin-Aminotransferase (auch ALT, ALAT oder GPT abgekürzt), erreichte bei 29 Patienten der Ozanimod-Gruppen (6,7 %) und 17 Patienten der Interferon beta-1a-Gruppen (3,9 %) Werte, die das 3-fache der normalen Obergrenze betrugen. 7 Patienten der Ozanimod-Gruppe (1,6 %) und 6 Patienten der Interferon beta-1a-Gruppe (1,4 %) mussten aufgrund von Leberwertauffälligkeiten die Therapie vorzeitig beenden. Der Wert gamma-Glutamyltransferase (γGT) war bei 25 Patienten der Ozanimod-Gruppe (5,8 %) und 9 Patienten der Interferon beta-1a-Gruppe (2,0 %) erhöht.
Nach Markteinführung wurde beobachtet, dass die Anwendung von Ozanimod bei Patienten mit leichter oder mäßiger chronischer Leberfunktionseinschränkung zu höheren Spiegeln des Medikaments im Blut führt. Die Firma veröffentlichte 2023 daher die Empfehlung, dass diese Patienten Ozanimod nur jeden 2. Tag einnehmen sollten. Ob Ozanimod in dieser reduzierten Dosis ebenso wirksam ist, ist nicht geklärt.

Bluthochdruck

Bluthochdruck

Bei 24 der Ozanimod-Patienten (5,5 %) und 14 der Interferon beta-1a-Patienten (3,2 %) wurden Blutdruckerhöhungen beobachtet.

Herzschlagverlangsamung

Herzschlagverlangsamung

Von der Therapie mit Fingolimod, dem ersten eingesetzten Sphingosin-1-Phospat-Rezeptor-Modulator, sind Verlangsamungen der Herzfrequenz während der Erstgabe bekannt. In der RADIANCE-Studie kam es bei vier Patienten der Ozanimod-Gruppe zu einer Verlangsamung der Herzfrequenz unter 45 Schläge/Minute, die sich innerhalb weniger Stunden normalisierte und keine Beschwerden verursachte. Es trat ein Fall eines verlangsamten Herzschlags mit Beschwerden auf. Dieser Patient hatte bereits im Vorfeld Blutdruckregulationsstörungen. Die Studie konnte nach Behandlung trotzdem fortgeführt werden. In der SUNBEAM-Zulassungsstudie traten keine Fälle einer Verlangsamung der Herzfrequenz unter 45 Schläge/Minute auf. Die größte mittlere Abnahme der Herzfrequenz trat nach 5 Stunden auf.

Verminderung der Lymphozytenzahl im Blut

Verminderung der Lymphozytenzahl im Blut

Durch den Wirkmechanismus von Ozanimod kann die Zahl der Lymphozyten im Blut erniedrigt sein. Die durchschnittliche Lymphozytenzahl nach 2 Jahren lag bei 753 Lymphozyten pro Mikroliter (μl) in der Ozanimod-Gruppe und 1.833 Lymphozyten pro Mikroliter (μl) in der Interferon beta-1a-Gruppe.
Eine Erniedrigung der Lymphozytenzahl unter bestimmte Normwerte wird Lymphopenie genannt. Es gab in der RADIANCE-Studie 18 Patienten (4,2 %) in der Ozanimod-Gruppe gegenüber 0 Patienten (0 %) in der Interferon beta-1a-Gruppe, die erniedrigte Lymphozyten unter einem bei Fingolimod als kritisch betrachteten Grenzwert von 200 Lymphozyten pro Mikroliter (μl) aufwiesen. Bei keinem dieser Patienten kam es zu schweren Infektionen während dieser Lymphopenie.

Augenhintergrundveränderungen

Augenhintergrundveränderungen

Eine Veränderung des Augenhintergrunds mit Wassereinlagerung in der Netzhautmitte, an der Stelle des schärfsten Sehens (auch Makulaödem genannt), ist eine bekannte Nebenwirkung des verwandten Präparats Fingolimod. Unter Ozanimod kam dies in der RADIANCE-Studie bei 1 Patienten (0,2 %) vor, verglichen mit 2 Patienten (0,5%) in der Interferon beta-1a-Gruppe.

Schwere Nebenwirkungen und Todesfälle

Schwere Nebenwirkungen und Todesfälle

Durch Ozanimod bedingte schwere Nebenwirkungen und Todesfälle traten in den Studien statistisch nicht gehäuft auf.

Krebserkrankungen

Krebserkrankungen

In der RADIANCE-Studie traten bei 4 Patienten unter Ozanimod (0,9 %) bösartige Erkrankungen auf (zweimal Brustkrebs und zweimal Hautkrebs, hiervon einmal Keratoakanthom und einmal Basalzellkarzinom, auch Basaliom genannt). In der Interferon beta-1a-Gruppe traten bei 2 Patienten (0,5 %) bösartige Erkrankungen auf (einmal chronisch lymphatische Leukämie, eine Form von Blutkrebs, und einmal Basalzellkarzinom).
In der SUNBEAM-Studie mit kürzerer Nachbeobachtungszeit trat bei einem Patienten unter Ozanimod (0,2 %) eine bösartige Erkrankung auf (Hodentumor vom Seminom-Typ) und kein Fall in der Interferon beta-1a-Gruppe.

Welche neuen Nebenwirkungen wurden nach Abschluss der Zulassungsstudien berichtet?

Welche neuen Nebenwirkungen wurden nach Abschluss der Zulassungsstudien berichtet?

Im Jahr 2022 wurde die DAYBREAK-Studie veröffentlich, in der die Patienten aus den Zulassungsstudien für insgesamt bis zu fünf Jahre beobachtet wurden. Die häufigsten Nebenwirkungen waren hier Entzündungen von Nasen- und Rachenraum (Nasopharyngitis) mit 19,6 %, Kopfschmerzen mit 15,8 %, Infektionen der oberen Atemwege mit 11,1 % und Lymphopenie mit 10,3 %. Schwerwiegende Infektionen traten bei 2,8 % der Patienten auf, Krebserkrankungen bei 1,4 %, wobei sich hierbei kein spezifisches Muster zeigte. Auch bei der Behandlung mit Ozanimod kann – wenn auch deutlich seltener als z.B. bei einer Behandlung mit Natalizumab (Tysabri) – eine progressive multifokale Leukenzephalopathie (PML) als seltene Nebenwirkungen auftreten.

Einnahme

Wann sollte Ozanimod nicht eingenommen werden?

Ozanimod sollte nicht eingenommen werden bei folgenden Erkrankungen in der Vorgeschichte:

  • Herzinfarkt, schwerer Herzgefäßerkrankung, Schlaganfall, fortgeschrittener Herzmuskelschwäche und schweren Herzrhythmusstörungen und Herzschlagverlangsamungen.
  • deutlichen Leberfunktionsstörungen.
  • schweren aktiven Infektionen (insbesondere Hepatitis B und C und Tuberkulose).
  • Patienten mit einem eingeschränkten Immunsystem.
  • Patienten mit aktiven bösartigen Erkrankungen.
  • während der Schwangerschaft und Stillzeit.

Nur mit besonderer Vorsicht sollte Ozanimod bei Patienten mit schweren Atemwegserkrankungen, mittelschweren Leberfunktionsstörungen, unter bestimmten Medikamenten, die den Herzrhythmus beeinflussen, und bei bestimmten Augenhintergrundveränderungen (Makulaödem) eingesetzt werden.

Wie wird die Medikamentengabe durchgeführt?

Ozanimod wird oral eingenommen. Die Kapsel kann mit oder ohne Nahrung eingenommen werden. Die langsame Aufdosierung der Therapie erfolgt nach folgendem Schema:

Tag 1 – 4Tag 5 – 7ab Tag 8
0,23mg0,46mg0,92mg
Eindosierungsschema

Nach Abschluss der Eindosierung beträgt die empfohlene Erhaltungsdosis von Ozanimod 0,92mg einmal täglich.

Bei leichter oder mäßiger chronischer Leberfunktionseinschränkung wird Ozanimod nur jeden 2. Tag eingenommen.

Wird die Einnahme vergessen, ist die Behandlung mit der nächsten Dosis wie geplant fortzusetzen. Genau wie bei Therapiebeginn wird eine erneute Eindosierung über acht Tage empfohlen, wenn die Therapie unterbrochen wird für:

  • 1 Tag oder mehrere Tage während der ersten 2 Behandlungswochen.
  • mehr als 7 Tage während der 3. und 4. Behandlungswoche.
  • mehr als 2 Wochen nach einem Behandlungsmonat.

Im Unterschied zu Fingolimod ist bei der Erstgabe von Ozanimod nicht grundsätzlich eine 6-stündige Monitorüberwachung notwendig. Bei Patienten mit bestimmten Herzerkrankungen oder bekannten Herzschlagverlangsamungen sollte allerdings eine Überwachung erfolgen.

Vor Therapiebeginn

Worauf ist bei Therapiebeginn zu achten?

Aufklärungsgespräch: Vor der Entscheidung für eine Behandlung werden in einem ausführlichen Arzt-Patienten-Gespräch der Nutzen und die Risiken der Ozanimod-Therapie erläutert. Es muss genügend Zeit für den Informationsaustausch und die Entscheidungsfindung gegeben sein. Alle offenen Fragen sollten besprochen werden. Patienten müssen vor Behandlungsbeginn schriftlich in die Behandlung einwilligen.

Vorerkrankungen: Vor der Behandlung mit Ozanimod wird ein ausführliches Gespräch über Vorerkrankungen geführt und eine klinische Untersuchung vorgenommen. Außerdem erfolgt eine Routineblutuntersuchung (großes Blutbild, Leber- und Nierenwerte) und insbesondere eine Hepatitis-B-Serologie, auch um bestimmte Vorerkrankungen auszuschließen.

Impfungen: Weil Ozanimod die Reaktionsfähigkeit des Immunsystem herabsetzt, sollten vor Therapiebeginn alle Standardimpfungen durchgeführt werden, die die STIKO (Ständige Impfkommission) für Menschen mit einer Immuntherapie empfiehlt. Insbesondere muss überprüft werden, ob eine Immunität gegenüber Windpocken (Varizellen) besteht – ist dies nicht der Fall, muss vor Gabe von Ozanimod gegen Varizellen geimpft werden.

Kernspintomografie (MRT): Vor Beginn einer Therapie mit Ozanimod sollte eine aktuelle MRT-Aufnahme des Kopfes gemacht werden, nicht nur um einen Ausgangsbefund zu haben und den Therapieverlauf im Weiteren beurteilen zu können, sondern auch aus Sicherheitsaspekten.

Vortherapien: Falls Sie zuvor bereits eine Therapie erhalten haben, die das Immunsystem beeinflusst oder hemmt, müssen Sicherheitsabstände eingehalten werden. Diese richten sich nach der Wirkdauer der Medikamente. Grundsätzlich sollte sich das Blutbild nach Absetzen einer Vortherapie wieder normalisiert haben. Eine Kurzzeitbehandlung mit Kortikosteroiden (Kortison), z.B. zur Schubtherapie, ist auch während der Behandlung möglich.

Sicherheitsabstände vor Therapie mit Ozanimod: Wenn Sie bisher keine andere MS-Therapie erhalten haben, mit Glatirameracetat, einem Interferon-beta-Präparat oder mit Dimethylfumarat / Diroximelfumarat behandelt wurden, kann die Behandlung direkt ohne Sicherheitsabstand begonnen werden. Nach der Behandlung mit Teriflunomid muss ein Sicherheitsabstand von mindestens vier Wochen eingehalten werden. Nach einer Behandlung mit den S1P-Rezeptor-Modulatoren Fingolimod, Ponesimod oder Siponimod muss ein Sicherheitsabstand von mindestens vier bis sechs Wochen eingehalten werden. Nach einer Therapie mit Natalizumab bzw. einem Natalizumab-Biosimilar muss ein Behandlungsabstand von mindestens sechs bis acht Wochen eingehalten werden. Nach Azathioprin, Methotrexat, Mitoxantron, Ciclosporin A oder Cyclophosphamid ist ein Sicherheitsabstand von mindestens drei Monaten einzuhalten. Patienten, die mit Cladribin behandelt wurden, müssen einen Abstand von mindestens sechs Monaten einhalten. Bei Vortherapie mit Rituximab, Ocrelizumab, Ublituximab oder Ofatumumab wird ein Abstand von mindestens sechs Monaten angeraten. Patienten, die mit Alemtuzumab behandelt worden sind, wird eine Ozanimod-Therapie nicht empfohlen.

Was muss vor der Therapie mit Ozanimod kontrolliert werden?

Wir empfehlen die folgenden Kontrolluntersuchungen vor der Ozanimod-Therapie:

UntersuchungWann
Dokumentierte Aufklärung über Therapie und Risikenvor Therapiebeginn
Anamnese und klinische Untersuchungvor Therapiebeginn
Blutbild und Differenzialblutbildvor Therapiebeginn zwingend
Bestimmung der Leber- und Nierenfunktionswertevor Therapiebeginn zwingend
Schwangerschaftstest für gebärfähige Patientinnenvor Therapiebeginn zwingend, um eine Schwangerschaft auszuschließen
Kernspintomografie des Kopfes mit Kontrastmittelvor Therapiebeginn zwingend, um einen Ausgangsbefund zu erstellen
12-Kanal-EKGvor Therapiebeginn zwingend, nicht älter als eine Woche
Varizella Zoster Virus; ggf VZV-ImpfungVor Therapiebeginn zwingend
Infektionssuchevor Therapiebeginn zwingend
Hepatitis B, Hepatitis C, HI-Virus, Tbcvor Therapiebeginn wünschenswert, Test für Tbc zwingend bei Risikopatienten
Dermatologische Untersuchungvor Therapiebeginn wünschenswert
Blutdruckvor Therapiebeginn wünschenswert
Untersuchung der Lungebei Verdacht auf Lungenfunktionsstörung
Untersuchung des Augenhintergrundsbei erhöhtem Risiko für ein Makulaödem

Während der Therapie

Was muss während der Therapie mit Ozanimod kontrolliert werden?

Wir empfehlen die folgenden Kontrolluntersuchungen während der Ozanimod-Therapie:

UntersuchungWann / Häufigkeit
klinisch-neurologische Untersuchungalle 3 Monate
Blutbild und Differenzialblutbildzu Beginn der Therapie regelmäßig, danach alle 3-6 Monate
Leberwertein den Monaten 1, 3, 6, 9 und 12 der Therapie und danach regelmäßig bis 2 Monate nach Absetzen der Therapie
Untersuchung des Augenhintergrunds auf ein Makulaödembei Risikopatienten oder neuen Sehstörungen
MRTeinmal im Jahr
Dermatologische Untersuchungeinmal im Jahr
Untersuchung der Lungebei Verdacht auf Lungenfunktionsstörung
Kontrolle des Blutdrucksregelmäßig unter Therapie

Verminderung der Lymphozyten
Lymphozytenwerte unter 200 Zellen/μl gelten als Grenzwert. Bei Werten unter 200 Zellen/μl sollte nach zwei Wochen kontrolliert werden. Bestätigt sich hier der niedrige Wert, muss Ozanimod abgesetzt werden und darf erst wieder angesetzt werden, wenn der Wert über 500 Zellen/μl liegt.
Diese Empfehlungen sind als Vorsichtsmaßnahme zu werten. Gegenwärtig gibt es keinen Anhalt dafür, dass vorübergehende Erniedrigungen der Anzahl von Leukozyten und Lymphozyten ein Risiko darstellen.

Leberwerterhöhungen
Wenn die Leberwerte stark ansteigen (mind. 5-fach über der oberen Grenze des Normalwertes), müssen wöchentliche Kontrollen der Werte GOT, GPT, GGT, AP und Bilirubin durchgeführt werden. Bei einem wiederholten Anstieg über das 5-fache der oberen Grenze des Normalwertes muss Ozanimod abgesetzt werden.

Makulaödem
Bei Patienten mit erhöhtem Risiko für ein Makulaödem, insbesondere Patienten mit Diabetes mellitus, Entzündungen am Augenhintergrund (eine sogenannte Uveitis) oder Netzhauterkrankungen, sollten vor der Behandlung und regelmäßig während der Behandlung eine augenärztliche Kontrolluntersuchung des Augenhintergrunds erfolgen. Wenn Sehstörungen auftreten, sollte in jedem Fall eine Augenuntersuchung durchgeführt werden.

Wie lange wird behandelt?

Es gibt bisher keine Empfehlung für die Dauer der Einnahme. Nutzen und Risiko der Einnahme müssen laufend überprüft werden. Ein Abschätzen des Nutzens ist oft frühestens nach einem Jahr möglich. Als Hinweise für eine Wirksamkeit werden allgemeine Schubfreiheit, eine Verhinderung der Behinderungsprogression und das Fehlen neuer Herde in der MRT angesehen. Deshalb empfiehlt das KKNMS eine Ausgangs-MRT des Schädels und anschließend jährlich eine MRT, um Nutzen und auch mögliche Risiken abzuschätzen.

Häufige Fragen

Schwangerschaft und Stillzeit

Schwangerschaft und Stillzeit

Ozanimod darf in Schwangerschaft und Stillzeit nicht eingenommen werden.
Auf eine wirksame Verhütung muss geachtet werden. Da Ozanimod über den Einnahmezeitraum hinaus wirken kann, muss es mindestens drei Monate vor einem geplanten Schwangerschaftsbeginn abgesetzt werden. Sollte eine ungeplante Schwangerschaft auftreten, muss diese nicht abgebrochen werden, aber Ozanimod muss sofort abgesetzt werden.
In tierexperimentellen Studien wurde eine schädigende Wirkung von Ozanimod auf den Embryo beobachtet. Zur Anwendung von Ozanimod bei schwangeren Frauen gibt es kaum Erfahrungen.
Möglicherweise geht Ozanimod in die Muttermilch über und sollte in der Stillzeit deshalb ebenfalls nicht eingenommen werden.

Impfungen

Impfungen

Die Wirksamkeit von Impfungen kann während der Einnahme und bis zu zwei Monate nach Absetzen von Ozanimod eingeschränkt sein. Sogenannte Lebendimpfstoffe, bei denen lebende, aber abgeschwächte Erreger verwendet werden, sollten vermieden werden.

Infektionen

Impfungen

Beim Auftreten von Infektionen, vor allem bei anhaltendem oder hohem Fieber, sollte ein Arzt aufgesucht werden, um eine Erregersuche zu starten und eine Therapie zu bestimmen. Grundsätzlich muss Ozanimod beim Auftreten üblicher Infekte nicht abgesetzt werden. Bei schweren oder gehäuften Infekten kann im Einzelfall jedoch ein Absetzen erwogen werden. Bei Fieber, Schwellung der Lymphknoten und Vergrößerung von Leber und Milz muss an ein sogenanntes hämophagozytisches Syndrom gedacht und ein Arzt aufgesucht werden.

Was passiert, wenn man Ozanimod absetzt?

Was passiert, wenn man Ozanimodabsetzt?
Sollte das Absetzen von Ozanimod notwendig sein (Unwirksamkeit, Nebenwirkungen, Patientenwunsch), so ist zu beachten, dass es bei einzelnen Patienten zu einer Rückkehr von Krankheitsaktivität kommen könnte (‚Rebound‘). Dieses Phänomen kann mit erheblicher Krankheitsaktivität einhergehen und wurde bei einem anderen S1P-Rezeptor-Modulator (Fingolimod) beobachtet.

Welche Alternativen gibt es zu Ozanimod?

Welche Alternativen gibt es zu Ozanimod?

Ozanimod ist nur eine von verschiedenen zugelassenen MS-Therapien. Es stehen weitere S1P-Rezeptor-Modulatoren sowie Medikamente mit anderen Wirkmechanismen zur Verfügung. Ein direkter Vergleich von Ozanimod mit anderen Medikamenten wurde nicht untersucht. Die Entscheidung, welches Medikament passend ist, sollte stets im Einzelfall nach ausführlicher Information getroffen werden.

Literatur

Veröffentlichungen

RADIANCE: Cohen JA et al. Safety and efficacy of ozanimod versus interferon beta-1a in relapsing multiple sclerosis (RADIANCE): a multicentre, randomised, 24-month, phase 3 trial. Lancet Neurol. 2019 Nov;18(11):1021-1033.
Phase 3 Zulassungsstudie RADIANCE mit Interferon beta-1a als Vergleich über 24 Monate.

SUNBEAM: Comi G et al. Safety and efficacy of ozanimod versus interferon beta-1a in relapsing multiple sclerosis (SUNBEAM): a multicentre, randomised, minimum 12-month, phase 3 trial. Lancet Neurol. 2019 Nov;18(11):1009-1020.
Phase 3 Zulassungsstudie SUNBEAM mit Interferon beta-1a als Vergleich über mindestens 12 Monate.

DAYBREAK: Long-term safety and efficacy of ozanimod in relapsing multiple sclerosis: Up to 5 years of follow-up in the DAYBREAK open-label extension trial. Mult Scler. 2022 Oct;28(12):1944-1962.
Nachbeobachtung der Patienten aus den Zulassungsstudien.

Fachinformation Ozanimod:

zum Download (PDF)

KKNMS Qualitätshandbuch:

zum Qualitätshandbuch MS, NMOSD, MOGAD

Autoren

  • Dr. med. Agni Maria Konitsioti

    Universitätsklinikum Köln

  • Prof. Dr. Clemens Warnke 

    Universitätsklinikum Gießen und Marburg, Standort Marburg

Weitere Informationen unter „Credits“.

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Autoren

Autoren

Wer hat das Handbuch erstellt?

Die vorliegenden Informationen wurden vom krankheitsbezogenen Kompetenznetz Multiple Sklerose (KKNMS) in enger Abstimmung mit dem Fachausschuss Versorgungsstrukturen und Therapeutika und dem Vorstand des ärztlichen Beirats der Deutschen Multiple Sklerose Gesellschaft (DMSG), Bundesverband e.V. erstellt sowie mit den Betroffenenvertretern und Vertretern des Bundesbeirats MS-Erkrankter der DMSG abgestimmt.

Die Pharmafirmen hatten Gelegenheit das Handbuch zu kommentieren.

Gibt es Interessenkonflikte der Autoren?

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Dr. med. Katrin Pape

Klinik und Poliklinik für Neurologie, Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität, Mainz